10.06.2021
40 Jahre Wellarium
Teil 4
Ein Artikel von Beate Volmari
Unberührter Schatz der Natur
Was Oberstenfeld hat, werden doch wohl auch Steinheim und Murr hinbekommen! Das dachten sich die Verantwortlichen bei der Planung der Freibadeanlage und ließen Probebohrungen vornehmen. Wie das Mineralfreibad Oberes Bottwartal sollten auch die Becken im zukünftigen Bad im Grafenäcker mit mineralhaltigem Wasser gespeist werden.
„Es war Marketing, dass Murr und Steinheim auch Mineralwasser wollten. Wir hatten den Ehrgeiz, auch ein Zertifikat zu erhalten“, erzählt Manfred Hollenbach, der von 1972 bis 2012 Bürgermeister in Murr war. So ließ der Gemeindeverwaltungsverband (GVV) im Vorfeld des Freibadbaus Probebohrungen vornehmen. Mit großem Erfolg! Denn in rund 140 Metern Tiefe stießen die Geologen auf 15 Grad warmes, stark mineralhaltiges Wasser bei einer Schüttung von sechs bis sieben Litern pro Sekunde. Die 2.300 Milligramm gelösten Mineralien pro Liter ließen den Vertreter des geologischen Landesamtes, der die Bohrungen überwachte, das Mineralwasser mit der Qualität des Rietenauer-, Rohrauer- oder Ensingers Sprudel vergleichen.
Zwar bestand die vage Möglichkeit, in 800 Metern Tiefe etwa 34 Grad warmes Thermalwasser zu erhalten. Doch wegen der Kosten in Millionenhöhe verzichteten die Kommunen auf Anraten der Fachleute darauf, weiter in die Tiefe zu bohren.
Stattdessen wurde beschlossen, dass Wasser aus gut 140 Metern Tiefe zu fördern und als Badewasser zu verwenden. Mittels Enteisungsanlage wird der sehr hohe Eisenanteil des Wassers, der 1,8 Milligramm pro Liter beträgt, reduziert. In einer Tiefe von etwa 90 bis 100 Metern liegt die Schüttung mit 17 Litern pro Sekunde zwar wesentlich höher als in größerer Tiefe, dafür ist der Mineralgehalt nur noch schwach. Dieses Wasser sollte deshalb als Dusch- und Brauchwasser dienen, beschlossen die Verantwortlichen. Eigens für die Betreibung des Freibades wurde der Riedbrunnen angelegt. Die fast ausschließliche Verwendung von Eigenwasser führt zu einer beachtlichen Kosteneinsparung.
Auch an dem beliebten Trinkbrunnen im Wellarium können die Badegäste echtes Steinheimer Mineralwasser genießen, vorausgesetzt es entspricht ihrem Geschmack. Sogar zum Blumengießen wird das Wasser kannenweise mitgenommen, denn Pflanzenfreunde schwören auf die gute Wirkung der enthaltenen Mineralien.
Reich an Fluorid erhielt das Riedbrunnenwasser 1995 sogar die Bescheinigung, als Heilwasser für therapeutische Zwecke in Schwimm- und Bewegungsbädern geeignet zu sein. Das chemische Untersuchungslabor Lörcher aus Ludwigsburg bescheinigte dem Wasser eine ausgezeichnete Qualität, so dass es nicht nur zum Schwimmen, sondern auch zum täglichen Trinkgenuss empfohlen wurde. Gemäß der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung erfüllt es die Anforderungen, als natürliches Calcium-Magnesium-Sulfat-Mineralwasser bezeichnet zu werden. Der Sachverständigte bezeichnete das Wasser als ein „von der Umwelt unberührter Schatz unserer Natur“.
Kurzzeitig kam sogar die Idee auf, das Wasser in Flaschen abzufüllen und als lokales Heilwasser zu verkaufen. Darüber berichteten im Oktober 1995 ausführlich die Lokalzeitungen. „Auch wenn Geschäftsleute vorschlugen, eine kleine Abfüllanlage zu bauen, wurde die Idee nicht ernsthaft verfolgt“, erzählt Manfred Hollenbach schmunzelnd. „Klar, wenn jemand gesagt hätte, wir zahlen Euch 500.000 Euro im Jahr für die Vermarktung des Wassers, hätten wir das sicher gemacht.“ Da das aber nicht der Fall war, blieb es bei dem kleinen Marketinggag und das Mineralwasser im Schwimmbecken.